26. SONNTAG IM JAHRESKREIS

LESUNGEN:

Am 6,1a.4-7 / Lk 16,19-31

 

Und wieder geht es in den heutigen biblischen Lesungen um das uralte Thema von Besitz, Reichtum auf der einen und um Armut auf der anderen Seite. Dabei ist aber das Problem nie, dass bestimmte Menschen mehr besitzen als andere, sondern dass sie nicht bereit sind, miteinander zu teilen.

Der Prophet Amos aus dem 8. Jh. v. Chr. übt auf schärfste Weise Kritik an den sozialen Missständen seiner Zeit und seiner Gesellschaft: „Weh den Sorglosen und Selbstsicheren, die in ihrem Reichtum im Überfluss schwelgen! Ihr lebt im Luxus, liegt auf Betten aus Elfenbein, habt eure Partys mit Ess- und Saufgelagen, grölt dabei eure Lieder, ihr benützt die feinsten und teuersten Kosmetikmittel... ohne euch um andere zu kümmern! Aber das Fest der Faulenzer ist vorbei!“ Er sieht hinter dem äußeren Glanz den inneren Verfall und bekämpft in scharfen Worten den Luxus und die Schlemmerei, vor allem aber jede Form der Ausbeutung und des Unrechts zum Schaden der Armen und sozial Schwachen. Seine Grundforderung ist die strenge Gerechtigkeit im privaten, geschäftlichen und öffentlichen Leben. Amos droht dann mit dem Gericht Gottes.

Zur Zeit Jesu war es nicht anders. Besonders das Evangelium von Lukas übt Kritik an der Lebensweise von Menschen, die im Überfluss leben. Im „Magnifikat“, diesem bekannten Lobgesang von Maria, heißt es: „Jetzt hebt er (Gott) seinen gewaltigen Arm und fegt die Stolzen weg samt ihren Plänen. Jetzt stürzt er die Mächtigen vom Thron und richtet die Unterdrückten auf. Den Hungernden gibt er reichlich zu essen und schickt die Reichen mit leeren Händen fort.“ In seiner Feldrede sagt Jesus: „Freut euch, ihr Armen! Ihr werdet mit Gott leben in seiner neuen Welt... Aber weh euch, ihr Reichen! Ihr habt euren Anteil schon kassiert. Weh euch, die ihr jetzt satt seid! Ihr werdet hungern.“ Die Erzählung vom reichen Mann und dem armen Lazarus ist hier ein Höhepunkt.

Interessant ist, das der Reiche keinen Namen hat. Es kann jeder sein und jede Art von Reichtum. Der Arme aber heißt Lazarus, was auf Deutsch heißt „Gott hilft“: Gott hat eine besondere Vorliebe für solche arme Menschen.

Das Problem des Reichen ist nicht, dass er reich ist oder ein gewissenloser Ausbeuter sei. Er genießt einfach seinen Reichtum. Wissentlich tut er niemandem weh. Aber er sieht nicht einmal den Armen, der vor seiner Tür liegt und unterlässt dadurch jede Hilfe.

Wir hören hier eine Erzählung, bei der uns sofort aktuelle Vergleiche einfallen: Die Flüchtlinge vor den Grenzen Europas. Wir denken an die Fremden, die Hilfe und Brot brauchen. Ebenso an die Asylanten im Land, gegen die eine ungute Stimmung, ja Fremdenhass geschürt wird. Europa ist irgendwie schlimmer als dieser Reiche: Es schottet sich bewusst mit Stacheldraht von den Armen ab. Wir leben in unserem reichen Land mit vielen Menschen, die Wohlstand, ja sogar Überfluss kennen. Was macht dieser Wohlstand mit uns? Reichtum macht blind für die Armen "vor der Tür".

Jesus will uns klar machen, dass unsere Hilfsbereitschaft gegenüber notleidenden Menschen auch darüber entscheidet, ob wir Gott nahe oder fern stehen. Das macht er mit dieser apokalyptischen Szene: Beide, der Reiche und der Arme, müssen sterben und vor Gott erscheinen. Der Reiche hat sein Leben verwirkt, hat sein Lebensziel verpasst. Irgendwann ist es zu spät, hat man seine Chance vertan.

Es geht darum, jetzt und hier verantwortlich zu leben. Die Pointe dieser Erzählung Jesu liegt darin, dass wir (und im Weltmaßstab zählen auch wir zu den Reichen!) aufgerufen werden, nicht vollkommen aufzugehen im Haben. So schön es ist, zu genießen, zu besitzen, so sehr sind alle zu bedauern, die daraufhin alles andere wegblenden, die blind werden für die, die draußen stehen und liegen.

Das ist die christliche Mahnung, d.h. die Mahnung von Jesus Christus. Wir haben nur diese Worte der Bibel und wer nicht auf sie hört, sie nicht ernst nimmt, wird auch nicht durch ein Wunder oder wenn Toter wieder lebendig wird, überzeugt werden. Hört auf die Worte der Schrift! Das ist der Weg, der ins Leben führt – auch und gerade jenseits der Todesgrenze.

Zum Archiv